29.05.2020 | Susanne Hagner
Verwertungsrisiko in Covid-19-Zeiten
In diesem Blog-Beitrag erhalten Sie Eindrücke zu Verwertungsrisiko-Parametern und Softwarelösungen
Auch oder gerade in Coronazeiten bleiben die Risikomessung und das Stress-Testing wesentliche Teile der aufsichtsrechtlichen Vorschriften zur Risikotragfähigkeit nach ICAAP und CRR.
Die ESMA fordert nun die börsennotierten Emittenten auf, im Halbjahresbericht Prognosen inklusive Covid-19-Auswirkungen anzugeben. Und auch wenn der Sanierungsplan mit seinen Belastungsszenarien derzeit aufsichtsrechtlichen Erleichterungen unterliegt, so bleibt er weiterhin wesentliches Element aufsichtsrechtlicher Regelungen nach BRRD.
Für das dritte Quartal erwartet die Aufsicht erste Auswirkungen der COVID-19-Krise in Richtung Adressrisiko bzw. Insolvenzen. Der Zeitraum, über den sich die erwartete Konsolidierungsphase erstreckt, hängt vom Auftreten und der Stärke einer zweiten Infektionswelle ab. Aber schon jetzt ist aus verschiedenen Studien ersichtlich, dass sich Insolvenzen und Ausfallraten deutlich erhöhen werden.
Im ICAAP sind regelmäßige Updates der Szenariorechnungen, das adverse Szenario, sowie das inverse Szenario wichtige Elemente der Risikomessung.
In der Coronakrise können sowohl tendenziell deflationäre Szenarien, z.B. „branchenspezifischer Realwertverlust mit gleichzeitigem Umsatzschock“, als auch inflationäre Szenarien auftreten. Letztere sind bei verstärktem, internationalem Protektionismus in „Mangelware“-Segmenten denkbar. Allerdings erwartet die EZB derzeit in zwei von 3 Szenarien deflationäre Tendenzen.
Modellierung von Szenarien auf das Adressrisiko
Beim Modellieren beispielsweise eines tendenziell deflationären Szenarios auf das Adressrisiko ergeben sich doppelte Implikationen, zum einen auf die LGD, zum anderen auf die PD. Gegebenenfalls ist sogar die Assetkorrelation für die Szenariobildung relevant.
Eine herausragende Implikation bei Realwertverlusten ist die Auswirkung auf die Recovery Rate im Insolvenzfall. Sie wird versuracht durch fallende, durchschnittliche Verwertungsquoten bei fallenden Preisen auf Immobilienmärkten, Maschinen- oder Kfz-Märkten. Bei deflationären (Teilsegment-) Szenarien erhöht sich zudem die Schwankungsbreite der Realwertpreise auf Grundlage der unsicheren Prognostizierbarkeit in der aktuellen schweren Krise.
Mittlere LGD-Quoten und Standardabweichung der LGD-Quoten können mit Hilfe entsprechender Zeitreihen aus der Ausfalldatenbank abgeleitet werden. Bezogen auf die aktuelle, schwere Krise sind die empirischen Standardabweichungen aus der eigenen Historie um öffentlich verfügbare Zeitreihen und aktuelle Prognoseüberlegungen aus öffentlichen Quellen zu ergänzen.
Die zweite Implikation im Szenario von Realwertverlusten ergibt sich auf die Insolvenzen an sich. Verschuldete Kreditnehmer im Umsatzschock weisen eine erhöhte Ausfallgefahr auf. Denn sie können in Realwerten angelegtes Eigenkapital bei sinkenden Realwertpreisen nicht entsprechend liquidieren und sind gleichzeitig auf der Ergebnisseite unter Druck. Diese wirtschaftlichen Zusammenhänge führen dazu, dass sich Korrelationen zwischen GDP und PD oder PD und LGD aus den entsprechenden Zeitreihen statistisch signifikant ableiten lassen.
Auch die Korrelationen der Kreditnehmer untereinander sind wesentlich für szenariobasierte Adressrisiko-VaR-Messungen oder die RWA-IRB-Formel. Während die Korrelationen im IRB-Ansatz mit steigenden PDs fallen, ergeben empirische Studien für Point-in-Time-Asset-Korrelationsschätzungen eher einen positiven Zusammenhang. Der negative Zusammenhang zwischen PD und Korrelation im Rahmen der RWA-Ermittlung ist im Übrigen von der Aufsicht zur Verhinderung prozyklischer Effekte durchaus erwünscht.
Insgesamt können Parametersensitivitäten in Abhängigkeit des Bruttoinlandsprodukts für PD, LGD und Asset Korrelation nach leichten, mittleren und schweren BIP-Krisen unterschieden werden. Der Risikocontroller leitet daraus die Höhe von Adressrisiko-Parameter-Szenarien für verschiedene Covid-19 Szenarien ab.
Fachliche Lösungsbausteine
Mit folgenden Lösungsbausteinen, für die normative und ökonomische Perspektive des ICAAP unter Adress- und Verwertungsrisikogesichtspunkten unterstützen wir Sie:
- Kombinierte Szenarien von PD, LGD und Korrelationen
- RWA Ermittlung nach CRR unter Szenarien
- Risikovorsorge unter Szenarien
- Neugeschäftsplanung und Ergebnisprognose
- Verwertungsrisiko-VaR in der ökonomischen Perspektive des ICAAP mit stochastischen LGDs
- Parametersensitivitäten und Schnellmaßnahmensimulationen
Software Lösung msgGillardon Verwertungsrisiko im ökonomischen ICAAP
msgGillardon unterstützt die Verwertungsrisiko-Analyse in der ökonomischen Perspektive des ICAAP mit einer Softwarelösung.
Verwertungsrisiko in Zeiten von Covid-19
Insgesamt – ob mit einer Verwertungsrisikolösung im Portfoliomodell oder in kombinierten Szenario- und Sensitivitätsüberlegungen – bedeutet das Verwertungsrisiko für viele Institute einen lohnenden Blick zur Risikotragfähigkeitssteuerung in der Coronakrise. Übergreifend spielen Verwertungsrisiken auch in weiteren Themen, wie die Eigenkapitalkosten/Risikoprämien und der Geschäftsfeldrechnung, eine Rolle.
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