16.03.2020 | Prof. Dr. Konrad Wimmer
Rückblick auf die 8. Trendkonferenz Aufsichtsrecht und Meldewesen
Am 4. März 2020 begrüßte msgGillardon zahlreiche Bankenvertreter zur 8. Trendkonferenz Aufsichtsrecht und Meldewesen und stimmt sie auf ein abwechslungsreiches Programm ein. Im Mittelpunkt stand dieses Jahr das Thema Nachhaltigkeit. Es gewinnt aktuell in der Gesellschaft und der öffentlichen Wahrnehmung stark an Bedeutung. Und auch der Bankensektor ist angehalten, sich den Risiken, aber auch den Chancen, die mit Nachhaltigkeit verbunden sind, schnell, konsequent und umfänglich widmen.
Wie Prof. Dr. Konrad Wimmer (msgGillardon) bereits im Rahmen der Begrüßung ausführte, gab es in den letzten Jahren bereits zahlreiche Nachhaltigkeitsinitiativen seitens der EU und nunmehr auch von den Bankenaufsichten in Deutschland und Österreich. Die Auswirkungen betreffen unmittelbar die Anlageentscheidungen der Bankkunden, die zunehmend in Green Bonds investieren. Wichtig dabei ist die Erfüllung der so genannten ESG-Kriterien (Environmental, Social and Governance), durch die der Begriff Nachhaltigkeit definiert wird. Darauf setzt auch die Nachhaltigkeitsberichterstattung auf, die in Zukunft noch mehr an Bedeutung gewinnen und ein maßgebliches Auswahlkriterium für bedeutende Vermögensverwalter darstellen wird. So dringt etwa BlackRock massiv auf die Einhaltung von Nachhaltigkeitskriterien und beschließt künftig nur „grüne“ Investments zu tätigen.
Gleich im ersten Vortrag wurde das Schwerpunktthema Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsrisiken – Inhalte, Auswirkungen auf die Bankpraxis gemeinschaftlich von Prof. Dr. Klaus Peter Sedlbauer (TU München, Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP) und Prof. Dr. Konrad Wimmer (msgGillardon) aufgegriffen. Die Referenten erläuterten die Konsequenzen für das Risikomanagement und die Vertriebsprozesse, wobei sie insbesondere die Auswirkungen der Nachhaltigkeitsrisiken auf die Kreditvergabeentscheidungen (Rating, Pricing) der Banken verdeutlichten. Konkret zeigten sie die anstehende Neuausrichtung der Kreditvergabeentscheidung am Beispiel der Ökobilanzierung auf. Dieser neue Ansatz, der naturwissenschaftliche Erkenntnisse mit der klassischen Kreditwürdigkeitsprüfung verbindet, stieß auf großes Interesse, wie die rege Diskussion zeigte. Im Kern wird das klassische Rating an mehrere Stellen um die ESG-Faktoren ergänzt und die Cashflowbewertung beeinhaltet den erweiterten Blick auf das Life Cycle Costing. Fehlbewertungen, wie sie aktuell infolge der unzureichenden Berücksichtigung der Nachhaltigkeitsfaktoren zu konstatieren sind, werden somit vermieden.
Daran schlossen sich die sehr informativen Vorträge zu aktuellen aufsichtsrechtlichen Entwicklungen. Dr. Alexander Büchel, Vorstand Genossenschaftsverband Bayern e.V., nahm eine Einschätzung aktueller aufsichtsrechtlicher Tendenzen vor, wobei er unter anderem auf besonders für LSI-relevante Neuregelungen – Stichworte Basel III/IV, CRR II, CRD IV und die neue Risikovorsorge im HGB (IDW RS BFA 7) – einging. Die Handlungsfelder reichen von veränderten Eigenmittelanforderungen, neuen Ausfallkriterien, dem EBA-NPL-Aktionsplan, dem „EBA-Draft GL on loan origination and monitoring“ bis hin zur neu gestalteten Pauschalwertberichtigung der nach HGB bilanzierenden Institute. Wichtig war den Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Einordnung der anstehenden Neuregelungen in Bezug auf die praktischen Konsequenzen, auf die Dr. Büchel anschaulich hinwies.
Dr. Thomas Dietz (Deutsche Bundesbank), erläuterte Die aufsichtliche Prüfungspraxis bei LSI, wobei er sich aktuellen Prüfungsschwerpunkten und Problembereichen widmete. Anhand von Prüfungsquoten bei von der BaFin angeordneten Sonderprüfungen belegte er die Einhaltung der Proportionalität bei bankgeschäftlichen Prüfungen. Er sieht in der Nachhaltigkeit ein neues wichtiges Prüfungsfeld. Banken sollten rechtzeitig beginnen, Nachhaltigkeitsrisiken im Risikomanagement zu berücksichtigen – unter anderem bei der Risikoinventur, der Verknüpfung mit den bekannten Risikoarten und gegebenenfalls einem erweiterten Blick bei den Konzentrationsrisiken. Dabei legte er bei den Erkenntnissen aus IT-Prüfungen den Finger in die Wunde. So ist die IT-Strategie vielfach nicht konkret genug ausformuliert und beim Informationsrisikomanagement ist insbesondere die Durchführung von Schutzbedarfsanalysen (SBAs) wiederholt Gegenstand von Feststellungen. Ein Update zur Prüfung der Geschäftsmodelle rundete den abwechslungsreichen Vortrag ab. Im Anschluss gab es zahlreiche Fragen aus dem Zuhörerkreis zu diesem aktuellen Thema.
Dr. Torsten Kelp (BaFin) informierte ausführlich über Neuere Entwicklungen und Perspektiven der MaRisk – naturgemäß ein zentrales Thema für alle LSI. Er skizzierte zunächst die EBA-Leitlinien mit Relevanz für die anstehenden MaRisk-Novellierungen und die damit für die Institute anstehende Änderungen (GL on outsourcing arrangements = GL/2019/02; GL on management of non-performing and forborne exposures (NPL) = GL/2018/06; GL on ICT and security risk management = GL/2019/04; GL on loan origination and monitoring = CP/2019/04). Den Schwerpunkt bildete der Themenkomplex Auslagerungen. Hier erläuterte Dr. Kelp ausführlich die aktuellen MaRisk-Regelungen sowie den durch europarechtliche Vorgaben bestehenden Anpassungsbedarf. Weiter skizzierte er die Leitlinien über das Management notleidender und gestundeter Risikopositionen (NPL-GL) sowie die Nachrangmittel bei der Ermittlung der Risikotragfähigkeit. Auch hier ergaben sich einige Fragen, die umfassend beantwortet wurden.
Thomas Jorberg (Vorstandssprecher GLS Gemeinschaftsbank eG) macht in seinem Blitzlicht zu Nachhaltigkeit als Geschäftsmodell – Erfahrungsbericht der GLS zunächst deutlich, wie umfassend und schnell zugleich sich Nachhaltigkeitsrisiken auf das Risikomanagment und die Vertriebsprozesse der Banken auswirken werden. Seine Ausführungen stießen bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf großes Interesse, da er mit aussagekräftigen Grafiken den massiven Handlungsbedarf untermauerte, der zugleich auch die enormen Marktchancen für nachhaltig orientierte Institute verdeutlichte. Seine Ausführungen gerieten quasi zu einem Weckruf, der zum genau richtigen Zeitpunkt für die anschließende Podiumsdiskussion zu Nachhaltigkeit und Nachhaltigkeitsrisiken kam. Die Referenten Dr. Dietz, Dr. Kelp und Jorberg standen gemeinsam mit der zu diesem Themenkomplex forschenden Wissenschaftlerin Prof. Dr. Manuela Ender (FH Salzburg) unter der Moderation von Prof. Dr. Wimmer den zahlreichen Fragen des interessierten Publikums zur Verfügung.
Am Ende der Veranstaltung waren sich alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit den Referenten einig, einen hochinteressanten und abwechslungsreichen Tag zum Aufsichtsrecht und angrenzenden Themen verbracht zu haben. Wir bedanken uns bei allen Beteiligten, die zum guten Gelingen unserer Trendkonferenz beigetragen haben.
Prof. Dr. Manuela Ender, Holger Dürr, Prof. Dr. Konrad Wimmer
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